Aus Investition wird Rendite: Wie lohnt sich der Stromhandel für BESS?

Markttrend – 4. Juli 2025

Auf der ees Europe 2025 war ein Wort nahezu in aller Munde: Stromhandel. Immer mehr Anbieter von Batteriespeichern nutzen das Potenzial des Stromhandels und integrieren gezielt Handelsstrategien in ihre Geschäftsmodelle, um zusätzliche Einnahmen zu generieren. Der Vorteil für Endkunden ist dabei nicht zu unterschätzen: Durch die Teilnahme am Stromhandel können Batteriespeicher deutlich schneller amortisiert werden, oft um mehrere Jahre früher als ohne Handelsaktivitäten.

Sepehr Soltani, Senior Analyst beim norwegischen Energieanalyse- und Marktforschungsunternehmen Rystad Energy, sprach auf der diesjährigen ees Europe Conference genau über dieses Thema. In der englischsprachigen Session mit dem Titel Unlocking Profitable Utility-Scale BESS in Europe: Challenges and Opportunities in the Spot Market stellte er verschiedene Umsatzmodelle vor und ging der Frage nach, ob der Einsatz von Energiespeichern langfristig das Arbitragegeschäft selbst untergraben könnte. Der Artikel fasst die wichtigsten Aussagen seiner Präsentation zusammen.

Umsatzstrategien für BESS in einem komplexen Umfeld

„Großspeichersysteme können allein durch den Handel mit Strom an der Strombörse profitabel sein“, so Sepehr Soltani. Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme am Markt ist die Wahl einer geeigneten Umsatzstrategie. Solche Strategien lassen sich in vertraglich vereinbarte Einnahmen und Einnahmen aus dem Handelsmarkt unterteilen.

Ein Beispiel für vertraglich vereinbarte Einnahmen ist ein Power Purchase Agreement (PPA), also ein langfristiger Stromliefervertrag zwischen zwei Parteien – etwa einem Anbieter von Speichern und einem Energieerzeuger, einem Industrieunternehmen oder einem Versorgungsunternehmen. Das Interesse an PPAs nimmt zu: Im letzten Jahr wurden europaweit nur sieben Batteriespeicher-PPAs unterzeichnet; in diesem Jahr hat sich die Zahl mit fünfzehn bereits mehr als verdoppelt.

Zu den innovativen Einnahmen aus dem Handelsmarkt gehören Dienstleistungen zur Lastverteilung, wie die virtuelle Trägheit. Dazu ahmen softwaregesteuerte Systeme wie Batteriewechselrichter oder Windenergieanlagen die stabilisierende Wirkung der physischen Trägheit nach. Diese Systeme überwachen die Netzfrequenz in Echtzeit und reduzieren Frequenzschwankungen, indem sie Strom schnell einspeisen oder aufnehmen.

Jedes dieser Einnahmemodelle hat seine Vor- und Nachteile. Einnahmen aus dem Handelsmarkt können volatiler sein und für Investoren und Betreiber mehr Risiken bergen, bieten aber gleichzeitig auch Potenzial für höhere Erträge. Vertraglich vereinbarte Einnahmen sichern dagegen einen stabileren und vorhersehbareren Einkommensstrom, ein Vorteil vor allem wenn man Finanzierung und langfristige Tragfähigkeit im BESS-Sektor sucht.

2024 brachte lukrative Chancen für den Großhandel in Europa

In einem weiteren Schritt müssen Unternehmen, die am Stromhandel teilnehmen, das Potenzial für Energiearbitrage in den europäischen Märkten analysieren. Soltani veranschaulichte dies am Beispiel der größten europäischen Energiemärkte in den Jahren 2023 und 2024. Im Jahr 2023 zeigt sich, dass BESS durchschnittlich bis zu 120 Euro pro Megawattstunde (MWh) durch Stromhandel generieren könnten. Dabei erzielten Bulgarien, Rumänien, Griechenland, die baltischen Staaten sowie Ungarn die höchsten Gewinne.

„2024 sind die Zahlen aufgrund des fortlaufenden Ausbaus der erneuerbaren Energien weiter angestiegen“, so Soltani. „Bulgarien, Rumänien und Ungarn haben allein durch den Stromhandel die Marke von 180 Euro pro MWh überschritten. Die zunehmende Preisvolatilität birgt zwar für Entwickler von Solar- und Windprojekten Herausforderungen, ist aber andererseits für Betreiber von Batteriespeichern, die an Fluktuationen Umsätze generieren, sehr attraktiv.“

Insgesamt lagen die Speicherkosten (Levelized Cost of Storage – LCOS) in Europa 2024 zwischen 60 und 70 Euro pro MWh. Damit bieten alle europäischen Märkte gute Gewinnaussichten für Batteriespeicher, selbst wenn sie rein auf Energiehandel setzen.

Könnten Speicher ihr eigenes Arbitrage-Geschäft kannibalisieren? Ein Blick auf Ungarn und das Vereinigte Königreich

Die Marktstruktur entscheidet maßgeblich über das Arbitragepotenzial von Energiespeichern. Ungarn lieferte 2024 ein Extrembeispiel: Strompreise von bis zu 350 €/MWh im Sommer und 230 €/MWh im Herbst resultierten aus einer Kombination aus schwankender Einspeisung erneuerbarer Energien und konstanter Kernkraft-Grundlast – ein ideales Umfeld für Arbitrage. Speicher spielten in Ungarn bislang kaum eine Rolle.

Anders war es im Vereinigte Königreich: Mit über 10 Prozent Speicheranteil im Strommix glättet das Land Preisspitzen zunehmend. Folglich erlebt der Markt geringere Preisvolatilität und sinkendes Arbitragepotenzial, trotz punktuell hoher Erlöse von 130 Euro pro MWh im Dezember 2024 bei einem Zweijahresdurchschnitt von nur 80 Euro pro MWh. Ein hoher Speicheranteil kann mittelfristig die eigenen Arbitragechancen im Markt nivellieren.

Weiterhin liegt das Vereinigte Königreich mit einer durchschnittlichen Erzeugung von 80 Euro pro MWh in 2024 nah am europäischen Durchschnitt für LCOS. Der Stromhandel allein sichert also die Rentabilität für Länder wie das Vereinigte Königreich nicht. Deshalb greifen sie zunehmend auf Revenue Stacking zurück, wobei sie einen Teil der Speicherkapazität Regelleistungsmärkten zuweisen.

„Beim Energiehandel kommt es insbesondere auf den Strommix im Land an. Eine Erhöhung der Speicherkapazität kann zwar die Arbitrage-Einnahmen reduzieren, wir sind von einer tatsächlichen Kannibalisierung des Marktes jedoch noch weit entfernt. In diesem Jahrzehnt wird das nicht passieren,“ fasste Soltani zusammen.

Extreme Preisschwankungen in Ungarn

Am Beispiel von Ungarn lässt sich gut erkennen, dass Märkte mit hohen Preisschwankungen im Stromhandel profitieren können. Am 2. Mai 2024 fiel der Börsenpreis auf minus 100 Euro pro MWh, weil die Stromerzeugung an diesem Tag die Nachfrage bei weitem übertraf. Die Kernenergie lieferte die Grundlast, während eine Spitze in der Solarenergieerzeugung zu einem Überangebot führte.

Am 6. Mai 2024 fiel der Börsenpreis dann auf 0 Euro pro MWh. Auch hier hatte die Kombination aus Kernkraft und einer hohen Solarstromerzeugung dazu geführt, dass das Angebot die Nachfrage stark überstieg. Das ermöglichte an diesem Tag hohe Gewinne aus dem Stromhandel.

Darum sollten Länder weiterhin in Stromspeicher investieren

Soltani spricht deutlich gegen eine Annahme, dass der profitabelste Strommix fossile Brennstoffe oder Kernkraft enthalten muss: „Energiespeicherung, als flexible Ressource, ist entscheidend für die erweiterte Integration erneuerbarer Energiequellen. Wir bei Rystad Energy sind der Meinung, dass die Kombination von Solarenergie mit BESS einen wettbewerbsfähigen Stromgestehungspreis (LCOE) bietet. Denn schon heute liegen die Gesamtkosten für die Stromerzeugung aus einem Solar-plus-Speicher-System unter den Kosten für den Bau und Betrieb eines neuen Kernkraftwerks. Darüber hinaus können Solar- und BESS-Projekte in der Regel deutlich schneller umgesetzt werden als nukleare Anlagen.“

Dieser Vorteil trifft auch zu, wenn Solarenergie plus BESS mit Erdgas verglichen wird. Die LCOE eines neuen Gaskraftwerks sind in der Regel höher als die für eine moderne Solaranlage mit Speicher. Bei der Planung künftiger Investitionen sticht Solar in Kombination mit Speicherung gegenüber Kernkraft und Gas deshalb als die kostengünstigste und zeitsparendste Option hervor.

Zusammenfassung

Zusammenfassend erklärte Soltani, dass der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energieträger wie Solar und Wind zu einer Senkung der Strompreise führt und gleichzeitig im Tagesverlauf stärkere Preisschwankungen erzeugt. Diese Dynamik schafft für Betreiber von Batteriespeichern Einnahmemöglichkeiten, weil sie Strom einkaufen und speichern können, wenn die Preise niedrig sind, und ihn bei höherer Nachfrage und höheren Preisen wieder verkaufen können. Das Thema Stromhandel gewinnt damit als vielversprechendes Geschäftsmodell immer mehr an Bedeutung.

Die Fortschritte in der Batterietechnologie verbessern gleichzeitig die Langlebigkeit und Effizienz der Systeme und senken die Produktionskosten. Diese Entwicklungen machen Stromspeicherung immer lukrativer und ermöglichen die Erschließung neuer Märkte, in denen Stromhandel hohe Einnahmen generieren kann.
Neben dem herkömmlichen Handel auf dem Day-Ahead-Strommarkt entstehen jetzt neue Einnahmequellen für Betreiber von Batteriespeichern, darunter Netzstabilitätsdienste wie etwa virtuelle Trägheit und Fast Frequency Response, sowie der Handel auf Intraday-Energiemärkten. Die Kombination dieser Einnahmequellen verspricht ein „goldenes Zeitalter“ für Batteriespeicher in den nächsten Jahren.

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