Vom Blackout zur Blaupause – Lösungen für ein zukunftssicheres Energiesystem

News – May 27, 2025

Der Blackout in Spanien rückte bei The smarter E Europe 2025 die Achillesferse der Energiewende ins Rampenlicht: das Stromnetz. In München diskutierten Experten aus aller Welt, warum nicht die Erneuerbaren das Problem sind – sondern veraltete Systemstrukturen. Die Messeallianz zeigte eindrucksvoll, wie wir mit intelligenten Netzen, Digitalisierung und Flexibilität unser Energiesystem resilient und zukunftsfähig gestalten können.

Auf der EM-Power Europe Conference wurde auch über den Schutz vor Blackouts diskutiert.

Zwischen München und Madrid liegen rund 2.000 km Entfernung. Für die Besucher und Aussteller von The smarter E Europe waren Spanien und seine Hauptstadt vom 7.–9. Mai 2025 jedoch ganz nah: Ob in Konferenzsälen oder in den Messehallen – der Blackout auf der iberischen Halbinsel Ende April war ein allgegenwärtiges Thema.

Über die genauen Gründe wollten die in München anwesenden Energieexperten aus aller Welt nicht spekulieren. Einig war man sich aber darüber, dass die Ursache nicht bei den Erneuerbaren an sich zu suchen sei, sondern im spanischen Energiesystem. „Es ist nicht wirklich ein Problem der erneuerbaren Energien, es ist ein Problem des gesamten Systems“, sagte etwa Luís Vale Cunha, Director of European Policies and Projects at E-REDES auf der EM-Power Europe Conference.

Erneuerbare Energiesysteme brauchen angepasstes Netz

Klar ist, die Stromnetze sind veraltet – nicht nur in Spanien. Sie wurden für ein zentrales Energiesystem ausgelegt, in dem fossile Kraftwerke den Strombedarf kontinuierlich deckten und für die nötige Stabilität sorgten. Für die Herausforderung einer erneuerbaren Energieversorgung mit ihrer volatilen, dezentralen Stromerzeugung seien sie nicht gewappnet und würden so zum Bremsklotz der Energiewende, beklagte Dr. Anser A. Shakoor, Executive Leader bei GE Vernova. „Wir müssen überdenken, wie wir unser System planen“, schlussfolgerte er. Dabei müsse das Konzept der Versorgungssicherheit neu definiert werden. Moderne Schutzmechanismen müssten über die bisherigen klassischen Reservemargen hinausgehen.

Netzspezialist Cunha nannte zahlreiche Ansatzpunkte, über die man in diesem Zusammenhang sprechen müsse: „Fehlende Trägheit, die Konfiguration von Schutzsystemen, die Art und Weise, wie wir mit Frequenzschwankungen umgehen oder wie Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber miteinander kooperieren, fehlende Standardisierung in ganz Europa oder die unterschiedlichen Regelungen in den unterschiedlich integrierten Märkten in Europa.“

Herausforderung und Lösung in einem

Dr. Alexandre Oudalov, Manager Power Systems of the Future bei Hitachi Energy betonte die Rolle der wachsenden Zahl leistungselektronischer Geräte. Diese brächten zwar gewisse Herausforderungen durch ihr Wirken im Stromnetz mit. Gleichzeitig böten sie aber enorme Chancen, da ihr Verhalten programmiert werden könne und sie viel schneller reagieren könnten als konventionelle Systeme. „Es gibt bereits viele Technologien – sie müssen nur richtig eingesetzt und miteinander kombiniert werden, um das System besser auf solche Ereignisse wie in Spanien vorzubereiten.“

Lösungen für ein flexibles, digitales und integratives Energiesystem

Welche Technologien das sind und wie das Zusammenspiel von erneuerbarer Energieerzeugung und den Verbrauchern optimal funktioniert, das zeigten die 2.737 Aussteller aus 57 Ländern in den Messehallen der The smarter E Europe.

Wie Netzbetreiber ihre Netze mit vielen dezentralen Energiequellen besser planen können, demonstrierte zum Beispiel Utiligize mit seiner Software-as-a-Service-Plattform Forecast & Investment. Dafür erhielt das dänische Unternehmen einen The smarter E AWARD in der Kategorie Smart Integrated Energy. Mithilfe KI-basierter Prognosemodelle werden Milliarden von Berechnungen durchgeführt, die auf Daten aus Smart Metern und geografischen Informationssystemen basieren. Die Plattform kann lokale Kapazitäts- und Spannungsgrenzen bis zum Jahr 2050 auf Stundenbasis vorhersagen. Diese Daten ermöglichen Netzbetreibern fundiertere Planungs- und Investitionsentscheidungen und senken die Investitionskosten (CAPEX) um bis zu 35 Prozent. Die Plattform ist skalierbar und kann auch neue Technologien wie Vehicle-to-Grid-Systeme integrieren.

Messen und monitoren für breite Zielgruppen

Wie sich hybride Energiesysteme optimieren und die Digitalisierung von Umspannwerken vorantreiben lassen, zeigte COPA-DATA mit seiner Softwareplattform zenon. Anwendungen sind zum Beispiel Photovoltaik-Kraftwerke, Batteriespeichersysteme (BESS), On- und Offshore-Windkraftanlagen sowie hybride Micro Grids, die die Software in Echtzeit überwacht. Sie unterstützt Betreiber auch bei der Modernisierung ihrer Infrastruktur durch die Integration konventioneller Umspannwerksanlagen in digitale Systeme.

Die EM-Power Europe bot ein breites Angebot an Lösungen für das Monitoring und die Automation von Energiesystemen.

Energieversorger, Rechenzentren sowie die Fertigungsindustrie sind die Zielgruppe von Janitza. Das Unternehmen präsentierte auf der EM-Power Europe Energiemessgeräte und Visualisierungssoftware, wie den neuen Energieanalysator UMG 800, der als Grundlage für die Überwachung des Netzzustandes gemäß §14a EnWG dient. Der Analysator eignet sich für einzelne Messungen über Spannungsqualitätsanalysen bis hin zum Aufbau ganzer Messsysteme.

Wie kommt die Flexibilität ins Netz?

Ein zentrales Thema bei The smarter E Europe war die Flexibilität, die dringend benötigt wird, um die volatile Energieerzeugung mit der Stromnachfrage in Einklang zu bringen. Dabei sind Energiemanagementsysteme (EMS) entscheidend. Sie waren in München bei sehr vielen Ausstellern zu sehen, unter anderem bei FENECON, das mit seinem innovativen EMS ebenfalls einen The smarter E AWARD in der Kategorie Smart Integrated Energy gewonnen hat. Das System visualisiert und steuert Batteriespeicher, Solarwechselrichter, Wärmepumpen und Ladestationen für Elektrofahrzeuge vollständig autonom – für einen energieeffizienten und netzdienlichen Betrieb. Durch KI-gestützte Prognosen und Netzüberwachung ermöglicht es eine vorausschauende Analyse von Energieverbrauchsmustern sowie optimierte Lade- und Entladepläne.

Energiemanagementsysteme, die dynamische Stromtarife und flexible Netzentgelte abbilden, waren ein Top-Thema auf der EM-Power Europe.

Mit seinem zweibeinigen flauschigen Maskottchen HEMSi machte Branchenriese E.ON auf seinen Home Energiemanager (HEMS) aufmerksam. Dieser ist mit Wechselrichtern, Batteriespeichern, Wallboxen und Wärmepumpen vieler Hersteller kompatibel und integriert dynamische Stromtarife. Einen solchen kann der Kunde über E.ON buchen oder über andere Anbieter. Auch zum Nachrüsten bestehender Anlagen ist das Gerät geeignet, das die gesetzlichen Vorgaben nach § 9 EEG und § 14a EnWG erfüllt. Die Unterstützung bidirektionalen Ladens soll nach Angaben des Energiekonzerns ebenfalls bald verfügbar sein.

Die Nachfrage nach HEMS sei enorm gestiegen, berichtete Produktentwickler Thomas Handwerker auf dem Messestand von E.ON. Durch die Möglichkeit über dynamische Tarife und reduzierte Netzentgelte Geld zu sparen, sei die anfängliche Skepsis der Verbraucher, in irgendeiner Form Einschränkungen durch die zeitliche Verschiebung ihres Stromverbrauchs zu haben, verflogen. PV-Installateure seien heute nur noch konkurrenzfähig, wenn sie ein HEMS mit anbieten. Der Kunde könne das Gerät aber auch selbst im Onlineshop bestellen und die zugehörige Software herunterladen.

Wie findet man das richtige HEMS?

Rund 150 Start-ups präsentierten in der Start-up Area clevere Lösungen für die Energiewende.

Wer bei den zahlreichen Energiemanagement-Angeboten den Überblick verloren hat, dem hilft der neutrale HEMS-Finder weiter. Diesen hat das Start-up SPiNE zusammen mit der bayerischen Hochschule Ansbach entwickelt und auf The smarter E Europe gelauncht. Auf der Website können Endkunden, Installationsbetriebe, Großhändler oder Energieversorger verschiedene Kriterien auswählen und das für sie geeignete HEMS suchen bzw. mehrere Systeme vergleichen.

Daneben stellte das junge Unternehmen in der Start-up Area der The smarter E Europe weitere intelligente Lösungen vor. Dazu gehört etwa eine Art App-Store für Energieanwendungen, der lokal im Zählerschrank auf einem Energiemanagement-Gateway bzw. einer Steuerbox läuft. Darauf lassen sich Apps für die netzdienliche Steuerung ebenso installieren wie Apps für die marktorientierte Steuerung, beispielsweise in Kombination mit dynamischen Stromtarifen, ohne dass jedes Mal neue Hardware installiert werden muss. Dadurch lassen sich Zeit, Geld und Platz im Zählerschrank sparen, erklärte Christina Hollmann, Product & Marketing Managerin bei SPiNE.

Für den Notfall gerüstet – nicht nur in Spanien

Und was ist, wenn trotz moderner Netzplanung und -automation, Digitalisierung und Energiemanagement der Strom einmal ausfällt? Dann kann die Backup-Steuereinheit COMBI-PRO-MAX des spanischen Unternehmens Toscano helfen. Dessen Prämierung mit dem The smarter E AWARD in der Kategorie Smart Integrated Energy sorgte für Schmunzeln unter den Zuschauern der AWARD-Verleihung. Die Jury habe die Gewinner schon vor dem Blackout in Spanien ausgewählt, versicherte der Moderator.

Die Steuereinheit ist so klein, dass sie in eine Hand passt. Bei einem Stromausfall schaltet das Gerät das System automatisch in den Backup- oder Inselbetrieb, um die Versorgung kritischer Verbraucher sicherzustellen. Die Steuereinheit kann in ein Hutschienengehäuse integriert werden und lässt sich somit leicht im Zählerschrank installieren – alle notwendigen Schalter sind in einem einzigen Modul vereint.

„Unser Erfolg spiegelt unseren festen Glauben an einen integrierten Ansatz für erneuerbare Energien wider – einen Ansatz, der über isolierte Lösungen hinausgeht. Für uns geht es darum, intelligente, integrierte Systeme zu entwickeln, die eine 24/7 Versorgung mit nachhaltiger Energie ermöglichen – durch die Kombination von Solarenergie, Energiespeicherung, intelligenter Netzsteuerung und Echtzeit-Datenüberwachung. Es geht nicht nur um die Erzeugung sauberer Energie, sondern auch darum, Zuverlässigkeit, Resilienz und Effizienz auf allen Ebenen sicherzustellen“, erklärte der CEO und Managing Director Carlos Toscano. Und fasste damit die Essenz der The smarter E Europe auf den Punkt zusammen.

Fazit

Rund 107.000 Fachbesucher aus 157 Ländern nutzten die Gelegenheit bei The smarter E Europe, um sich gezielt zu vernetzen, Partnerschaften zu initiieren und neue Projekte anzustoßen. Auch die begleitenden Fachkonferenzen und Side-Events stießen auf großes Interesse und zogen über 2.600 Teilnehmende an.

Europas größte Messeallianz zeigte mit ihren vier Fachmessen – Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe – eindrucksvoll: Die Energiewirtschaft ist bereit für die nächste Phase. Denn während der weltweite Ausbau erneuerbarer Energien in vollem Gange ist, gilt es nun, das Energiesystem flexibel, digital und integrativer zu gestalten. The smarter E Europe kehrt vom 23. bis 25. Juni 2026 nach München zurück – erstmals von Dienstag bis Donnerstag.

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