„Der Zeitdruck für Netzbetreiber ist immens“

Experteninterview – 05. März 2024

Sebastian Oremek, Vice President Product bei E.ON One

Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher, Wärmepumpen und E-Mobilität bringen die Verteilnetze immer häufiger an ihre Grenzen. Die Zeit für den Ausbau und die Digitalisierung der Netze drängt, um die Energieflüsse netzverträglich steuern zu können. Ein wichtiger Aspekt dabei sind Ortsnetzstationen. Sebastian Oremek, Vice President Product bei E.ON One verrät, worauf Netzbetreiber achten sollten.

Warum sind smarte Ortsnetzstationen für die Energiewende so wichtig?

Smarte Ortsnetzstationen sind entscheidend für die Energiewende, da sie Licht in das "blinde" Niederspannungsnetz bringen. Traditionelle Netze bieten wenig Einblick in die tatsächliche Auslastung und die Dynamik der Energieflüsse. Mit dem Anstieg erneuerbarer Energiequellen und eines erhöhten Energieverbrauchs wird es immer wichtiger, genaue Daten über die Netzleistung zu haben.

Smarte Stationen ermöglichen eine präzise Visualisierung und Überwachung des Netzes, was für die Optimierung und effiziente Gestaltung des Netzbetriebs unerlässlich ist. Diese Transparenz ist für die Integration erneuerbarer Energien und die Gewährleistung einer zuverlässigen Stromversorgung unverzichtbar.

Beim Smart-Meter-Rollout gehört Deutschland zu den Schlusslichtern in Europa. Wie sieht es bei der Beobachtbarkeit und Digitalisierung im Niederspannungsnetz aus im Vergleich zu anderen europäischen Ländern?

Deutschland hinkt beim Smart-Meter-Rollout im europäischen Vergleich hinterher, was auch die Digitalisierung und Beobachtbarkeit des Niederspannungsnetzes betrifft. Während andere europäische Länder bereits fortgeschrittene Stufen der Netzüberwachung und -steuerung erreicht haben, steht Deutschland in dieser Hinsicht noch am Anfang.

Diese Verzögerung beeinträchtigt die Fähigkeit, effizient auf die Herausforderungen der Energiewende zu reagieren, da ein Mangel an digitaler Infrastruktur die Integration erneuerbarer Energien und die Netzstabilität erschwert. Die Notwendigkeit, in diese Technologien zu investieren, ist daher dringend, um mit den Entwicklungen in anderen Teilen Europas Schritt zu halten.

Welche technologischen Trends beobachten Sie rund um digitale Ortsnetzstationen?

Kompakte Lösungen passen auch in kleine Ortsnetzstationen.

Ein signifikanter Trend bei digitalen Ortsnetzstationen ist die minütliche Übertragung von Messwerten, was eine detaillierte und nahezu Echtzeit-Überwachung des Netzstatus ermöglicht. Diese Entwicklung ermöglicht es Netzbetreibern, schneller und präziser auf Veränderungen in der Netzlast zu reagieren.

Ebenfalls im Trend liegt die Messbarkeit einzelner Abgänge, die eine granulare Analyse des Energieflusses und der Nutzungsmuster ermöglicht.

Diese Technologien bieten ein hohes Maß an Transparenz und Effizienz, was für die Anpassung an die dynamischen Anforderungen der Energiewende und für die Integration erneuerbarer Energien unerlässlich ist.

Worauf sollten Netzbetreiber achten, wenn sie ihre Ortsnetzstationen modernisieren und digitalisieren?

Bei der Modernisierung und Digitalisierung ihrer Ortsnetzstationen sollten Netzbetreiber mehrere Faktoren berücksichtigen. Eine kompakte Nachrüstlösung ist wichtig, da oft wenig Platz in den Ortsnetzstationen verfügbar ist. Die Spannungsmessung spielt eine entscheidende Rolle, um präzise Daten über die Netzleistung zu erhalten. Eine effektive Visualisierungsplattform ist unerlässlich, um die gewonnenen Daten übersichtlich darzustellen und leichter zugänglich zu machen.

Minütliche Datenübertragung, die gesetzlich vorgesehen ist, ermöglicht eine schnelle Reaktionsfähigkeit und Anpassung an Netzschwankungen. Ebenso wichtig ist die Integration der Daten in bestehende Umsysteme und Leitwarten, um eine nahtlose Überwachung und Steuerung des gesamten Netzes zu gewährleisten. Diese Aspekte sind entscheidend, um eine hohe Netzqualität und eine effiziente Anpassung an die Anforderungen der Energiewende zu sichern.

Die Dezentralisierung der Energieerzeugung geht aktuell sehr schnell voran. Wie groß ist der Zeitdruck für Netzbetreiber, die Niederspannungsnetze zu modernisieren? Und wie sieht es auf der anderen Seite mit den Lieferzeiten entsprechender Technik aus?

Der Zeitdruck für Netzbetreiber, die Niederspannungsnetze zu modernisieren, ist immens. Die rasche Dezentralisierung der Energieerzeugung, gepaart mit der Verpflichtung zum Ausbau intelligenter Messsysteme, erfordert eine zeitnahe Anpassung der Netze. Netzbetreiber müssen frühzeitig in die Ermittlung des Netzzustands investieren, um die wachsenden Anforderungen bewältigen zu können. Obwohl Nachrüstlösungen kurzfristig verfügbar sind, benötigen sie Zeit für Tests und die stufenweise Implementierung.

Angesichts der schnellen Veränderungen in der Energielandschaft und des zunehmenden Einsatzes erneuerbarer Energien ist es entscheidend, keine Zeit zu verschwenden. Die Modernisierung der Netze ist nicht nur eine technische Notwendigkeit, sondern auch ein strategischer Schritt, um die Zuverlässigkeit und Effizienz der Energieversorgung in einer zunehmend dezentralisierten und erneuerbaren Energieumgebung zu gewährleisten.

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