Deutschland ebnet den Weg für bidirektionales Laden

Branchenneuigkeit – 3. Dezember 2025

Bidirektionales Laden könnte schon bald gängige Praxis in Deutschland werden.

Mit der jüngsten Reform des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) schafft Deutschland die entscheidenden Voraussetzungen für ein wirtschaftlich tragfähiges Vehicle-to-Grid (V2G) System. Durch die Abschaffung der bisherigen steuerlichen Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom wird das Rückspeisen aus Elektrofahrzeugen erstmals finanziell attraktiv. Damit rückt ein Energiesystem näher, in dem E-Autos nicht nur Transportmittel, sondern auch Speicher sind.

Zeitgleich hat die Bundesregierung den „Masterplan Ladeinfrastruktur 2030“ veröffentlicht. Diese Strategie soll den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur strukturieren, beschleunigen und harmonisieren. Der Plan regelt den Ausbaupfad bis 2030 in Europas größtem Automarkt und verankert bidirektionales Laden als zukünftigen Bestandteil eines nutzerfreundlichen, zuverlässigen und netzdienlichen Ladesystems.

Ziel der Gesetzesreform ist es, die Teilnahme von Fahrzeugbatterien am Strommarkt zu erleichtern. Ab dem 1. Januar 2026 wird die Entlastung bei den Netzentgelten wirksam. Damit wird dann Energie, die aus dem Netz ins Auto geladen und zeitversetzt wieder eingespeist wird, wie Strom aus stationären Speichern behandelt. Ab 1. April 2026 greifen zudem neue MiSpeL-Prozessregeln (MiSpeL ist kurz für Marktintegration von Speichern und Ladepunkten), die die technische und regulatorische Umsetzung von V2G deutlich vereinfachen: So ist nach der Reform kein zweiter Zähler mehr nötig.

Technik und Infrastruktur im Aufbruch

Die technische Basis für V2G ist vorhanden, und parallel zur EnWG-Reform konkretisiert die Bundesnetzagentur mit den neuen MiSpeL-Regeln die operative Umsetzung. Diese Vorgaben sollen festlegen, wie bidirektionale Ladepunkte künftig bilanziert, gemessen und abgerechnet werden und stellen sicher, dass sie technisch wie stationäre Speicher behandelt werden können. Damit will die Behörde die nötigen Markt- und Prozessstandards schaffen, um V2G verlässlich in bestehende Energie- und Ladesysteme einzubinden und den praktischen Einsatz deutlich zu erleichtern.

Bidirektionales Laden hat das Potenzial, sowohl das Energiesystem als auch den Alltag der Nutzer zu verändern. Elektroautos könnten künftig gezielt dann laden, wenn viel erneuerbare Energie zur Verfügung steht, und diese in Zeiten hoher Nachfrage wieder abgeben. Dies entlastet die Netze, reduziert Lastspitzen und ermöglicht neue Einnahmemodelle für Fahrzeughalter.

Darüber hinaus schafft die Reform Anreize. Durch die regulatorische Gleichstellung mit Speichern werden BEVs zu dezentral verteilten Kraftwerken: Die Netzentgeltbefreiung und die MiSpeL-Vereinfachungen senken die Markteintrittshürden und machen das bidirektionale Laden in Deutschland endlich zu einer Technologie, die sich wirtschaftlich lohnt.

Es lohnt ein Blick auf die bereits verfügbaren Tarife: In Deutschland bietet E.ON zusammen mit BMW ab 2026 ein erstes kommerzielles V2G-Angebot an: Wer sein Fahrzeug regelmäßig an die V2G-fähige Wallbox anschließt, erhält nach Herstellerangaben einen Bonus von 24 Cent pro Stunde Standzeit, bis maximal 60 € pro Monat vorgesehen. Laut Anbieter könnten damit rechnerisch rund 12.000 bis 14.000 km Fahrleistung kostenfrei abgedeckt werden. In anderen europäischen Ländern sind Tarife bereits in Betrieb. In Frankreich ist The Mobility House mit seinem Angebot aktiv. Laut eigener Darstellung lässt sich durch den Tarif und intelligentes Laden ein jährliches Einsparpotenzial von bis zu 400 € erzielen. Im Vereinigten Königreich verspricht Octopus Energy mit seinem Tarif Octopus Power Pack eine durchschnittliche Einsparung von etwa £620 pro Jahr im Vergleich zu einem standardmäßigen Haushaltstarif.

Zentrale Vorteile auf einen Blick:

  • Stabilisierung der Stromnetze durch intelligente Rückspeisung
  • Bessere und mehr Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien
  • Neue Erlösmöglichkeiten für BEV-Besitzer
  • Entlastung der Energiewirtschaft durch dezentrale Speicher

Deutschland setzt mit der Reform ein deutliches Signal für den Hochlauf von Vehicle-to-Grid. Nun gilt es, die regulatorischen Details weiter zu konkretisieren, Genehmigungsprozesse zu vereinfachen und die Zusammenarbeit zwischen Autoindustrie, Netzbetreibern und Energieversorgern zu vertiefen. Ein weiterer wichtiger Hebel ist der schnellere Ausbau moderner Smart-Meter, damit V2G sein volles Potenzial entfalten kann.

Wenn dieser Rahmen weiter ausgebaut wird, kann sich ein V2G-Ökosystem entwickeln, das Elektromobilität und Energiesystem eng miteinander verzahnt – und das E-Auto zu einem aktiven Baustein eines flexiblen, klimafreundlichen Stromsystems macht.

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